Amon: Mein Großvater hätte mich erschossen von Jennifer Teege ist ein bewegendes Sachbuch, das die Leser*innen auf eine emotionale Reise zwischen Vergangenheit und Gegenwart mitnimmt. Die Autorin entdeckt durch Zufall, dass ihr leiblicher Großvater Amon Göth war, ein berüchtigter KZ-Kommandant aus der Zeit des Nationalsozialismus. Diese Erkenntnis stürzt sie in eine existenzielle Krise und zwingt sie, sich mit ihrer eigenen Identität, ihrer Herkunft und der deutschen Geschichte auseinanderzusetzen. Das Buch ist ein eindrucksvolles Plädoyer für Aufarbeitung, Versöhnung und die Kraft der Selbstfindung.

Bereits der Titel ist eindringlich und macht deutlich, wie sehr die Vergangenheit in das Leben der Protagonistin eingreift. Jennifer Teege beschreibt sehr ehrlich und nachvollziehbar, wie sie auf schockierende Weise im Alter von 38 Jahren durch ein Buch in der Hamburger Zentralbibliothek von ihrer Abstammung erfährt. Die Kombination aus autobiografischen Elementen und historischen Fakten macht das Buch sowohl für Geschichtsinteressierte als auch für Leser*innen auf der Suche nach persönlichen Schicksalen besonders lesenswert.

Der Schreibstil ist klar, authentisch und zugleich berührend. Zusammen mit der Journalistin Nikola Sellmair gelingt es der Autorin, die komplexen Gefühle zwischen Wut, Scham, Trauer und Orientierungslosigkeit greifbar zu machen. Die Leser*innen werden auf eine intensive Reise mitgenommen, die nicht nur auf die Spuren des Dritten Reiches führt, sondern auch in die Gefühlswelt einer Frau, die plötzlich zwischen allen Stühlen sitzt: Sie ist schwarz, adoptiert, jüdisch und die Enkelin eines NS-Verbrechers.

Vorteile des Buches auf einen Blick

• Authentische Lebensgeschichte: Die Autorin schildert ihre Erfahrungen und Gefühle ohne Beschönigung – das sorgt für große Glaubwürdigkeit und emotionale Tiefe.
• Historische Einblicke: Leser*innen erhalten fundierte Hintergrundinformationen zur NS-Zeit und zur Rolle von Amon Göth. Das Buch eignet sich dadurch auch als ergänzendes Werk zur geschichtlichen Bildung.
• Spannende Perspektive: Als afro-deutsche Frau und Enkelin eines Nazi-Verbrechers bietet Jennifer Teege eine einzigartige Sicht auf die Themen Identität, Schuld und Vergebung.
• Inspirierender Umgang mit Traumata: Die Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft und den dunklen Schatten der Vergangenheit kann Mut machen, sich eigenen familiären Geheimnissen zu stellen.
• Flüssiger Erzählstil: Die Zusammenarbeit mit Nikola Sellmair garantiert einen gut lesbaren, abwechslungsreichen Text, der trotz der schweren Thematik fesselt.
• Ermutigendes Beispiel für Selbstermächtigung: Das Buch zeigt, wie es gelingen kann, trotz belastender Familiengeschichte ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben zu führen.

Ein weiterer Pluspunkt ist die gelungene Balance zwischen persönlichen Erlebnissen und gesellschaftlicher Relevanz. Jennifer Teege gelingt es, ihre eigene Geschichte als Teil einer größeren kollektiven Erinnerungskultur zu erzählen. Besonders beeindruckend ist der Mut der Autorin, sich den verdrängten Wahrheiten zu stellen und öffentlich darüber zu sprechen. Viele Leser*innen werden sich in ihren Zweifeln, Ängsten und Fragen wiederfinden und gleichzeitig dazu ermutigt, sich mit ihrer eigenen Familiengeschichte auseinanderzusetzen.

Die Kombination aus persönlichem Schicksal und fundierter Recherche macht Amon: Mein Großvater hätte mich erschossen zu einem Buch, das lange nachhallt. Es ist ein wichtiger Beitrag zur deutschen Erinnerungskultur und ein Appell gegen das Vergessen. Die Vielschichtigkeit der Erzählung, die Vielstimmigkeit der Perspektiven und die emotionale Authentizität sorgen dafür, dass das Buch sowohl als Zeitdokument als auch als kraftvolle Lebensgeschichte überzeugt.

Besonders hilfreich sind auch die ergänzenden Informationen, die Nikola Sellmair beisteuert. Sie ordnet die persönlichen Erlebnisse der Autorin historisch ein und bereichert das Buch mit relevanten Fakten und Kontextwissen. Dadurch entsteht ein umfassendes Bild, das sowohl emotionale als auch intellektuelle Zugänge zur Thematik ermöglicht.

Fazit: Amon: Mein Großvater hätte mich erschossen ist ein außergewöhnliches Buch über Identität, Vergangenheit und die Suche nach sich selbst. Es berührt, erschüttert und inspiriert – und bietet gleichzeitig wertvolle Denkanstöße für den Umgang mit Familiengeheimnissen und der deutschen Geschichte. Für alle, die bewegende Lebensgeschichten mit gesellschaftlicher Relevanz schätzen, ist dieses Buch eine klare Leseempfehlung.